Archäologie

Zitat: Die Falsche Nofretete

2008 veranlasst die SPK (Stiftung Preussischer Kulturbesitz) eine genauste Abformung der Nofretete-Büste durch das Ingeniersbüro TrigonArt. Deren Mitarbeiter*innen erstellten mit Hilfe von 3D-Streifenlicht-Scans ein digitales Modell und nachfolgend in einem Polyjet-3D-Druckverfahren eines aus Kunststoff. Von dieser Form ausgehened nahm die SPK Gips-Werkstatt eine Silikonform ab und unternahm unter hohem technischen Aufwand den Versuch, die Büste nahezu “originalgeträu” nacharbeiten zu können. Für die “authentischen” Farbrezepturen erfolgte eine Farbabgleichanalyse durch das Rathgen-Forschungslabor, damit sogenannte “Original-Pigmente” verwendet und in “historischen Malverfahren” aufgetragen werden können. Das nachfolgende Hinzufügen von Patina und den alterbedingten Schäden des Originals soll der “originalgetreue” dienlich sein, “so dass jede Reproduktion ein Unikat darstellt” – also möglichst “perfekte” Kopie sei, preist das Forschungslabor die eigene Arbeit an. Ohne aufwändige technische Hilfsmittel und enormes Wissen ließe sich Kopie von Original kaum mehr unterscheiden. Durch die lange Geheimhaltung der Büste nach der Ausgrabung ranken sich seit jeher Gerüchte darum, dass hinter den Glasfenstern ihrer Vitrine die Büste der Nofretete auch als ihre eigene Kopie ausgestellt sein könnte, oder sie schon immer eine “Original-Fäschung”, ein Falsifikat war.

Diese erneute Transkription der Büste der Nofretete ist begleitet von der Tatsache, dass das Neue Museum Berlin als staatliche Institution nicht nur die Büste, sondern auch die Daten ihres Scans unter Verschluss hält. Die SPK stellt zwar Daten für nicht-kommerzielle Zwecke zur Verfügung, verhindert aber andere Anwendungsmöglichkeiten.

Quelle: Omnia sunt Communia: Das kulturelle Erbe hacken
Original und Kopie im ethnographischen Museum von Sophie Lembcke

In: Archive dekolonialisieren: Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film (Edition Kulturwissenschaft) von Eva Knopf(Herausgeber), Sophie Lembcke (Herausgeber), [transcript] Edition Kulturwissenschaft, 2018,  S. 55

Posted by AS, 19. Jan 2019
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