Destillat: Dengbej als Traditionale Form der Kunst und Kultur Vermittlung

Mündliche Überlieferungen oder orale Kulturen müssen schöpferische Lösungen finden, um die kulturellen Argumente, Geschichten und Nachrichten als mediale Erinnerung weiterzutragen. Mündliche Überlieferungen sind keine Form der Hochkultur, sie richten sich an die einfachen Menschen und benötigen zur Weitergabe ein Handwerk. Die Kurden praktizieren dieses Handwerk bis in die heutige Zeit. Ein Sänger, der diese Tätigkeit ausübt, wird Dengbeji genannt. Die Aufgabe eines Dengbeji ist es, die vorhandene Erzähltradition weiter zu führen, aber auch selbst neue Geschichten zu finden und diese durch seinen Gesang lebendig werden zu lassen. Mit dieser Aufgabe verbindet sich aber eine weitaus wichtigere, beinahe unsichtbare Tätigkeit: der Gesang des Dengbeji stellt die kurdischen Ethnien in einen Zusammenhang, in eine Tradition über Jahrhunderte hinweg und in die Zukunft hinein. Metaphorisch gesprochen wirken ihre Gesänge auf die Ethnie wie Zement, also als Verbindungselement über die Zeiten hinweg. Weitere Funktionen der Gesänge bestehen darin, die verschiedenen sozialen und ökonomischen Situationen unterschiedlicher Bevölkerungsschichten zu verbinden- Beispielsweise kann ein junger Mann aus der reichen Schicht ein armes Mädchen lieben. Der Mut und die Kreativität des jungen Mannes wird in dem Gesang thematisiert und somit zum Symbol für Freiheit, Kampf und Widerstand gegen die Normen. Jeder Dengbeji hat ein großes Repertoire an verschiedenen Geschichten, die jeweils aktualisiert und überschrieben in einer anderen Geschichte in Erscheinung treten können. Für die Zuhörer stellt sich ein Gesamtbild durch das Hören von verschiedenen Gesängen her und diese knüpfen an die persönliche Geschichte des Zuhörers.

Posted by IK, 20. Jan 2019
Narrativ(e) Künstlerische Forschung