Bildwissenschaft

Destillat: Digitale Bilder in der Kunstvermittlung

Seit den 1960er Jahren hat sich die Digitalisierung zu einem gesellschaftlichen Prozess entwickelt, dessen Entwicklung unaufhaltsam voran schreitet und zunehmend alle Bereiche unseres Lebens durchzieht.

Die Auswüchse der Digitalisierung sind einem permanenten Update unterzogen. Elektronische und digitale Anwendungen wie beispielsweise die Struktur des World Wide Web, Computerspiele, Videos & Books on Demand und Smartphones werden von Tag zu Tag kleiner, schneller, leistungsstärker und günstiger (Darley 2000 : 11).

Als öffentliche Institutionen, mit der Funktion Wissen zu bewahren, zu erforschen und der Umwelt zugänglich zu machen können sich insbesondere Museen diesem gesellschaftlichem und technologischem Wandel nicht entziehen. Verlagert sich also unsere Wahrnehmung von Inhalten und Informationen in die digitale Welt, ist es eine logische Konsequenz für die Kunst- und Kulturvermittlung auf diesen Vorgang einzugehen. Doch welche Rolle spielen Bilder in diesem Zusammenhang?

In der Vermittlung von Informationen werden tendenziell mehr sprachliche Codes in Form von gesprochener oder geschriebener Sprache verwendet. Dennoch zeigt die empirische Forschung in Studien, dass die Lernwirksamkeit von sprachlichen Codes durch Bilder verbessert werden kann (Weidemann 2004 : 250). Sie leisten für den Wissenserwerb jedoch mehr als eine Hilfestellung wie Michael Foucault bereits formulierte „…das, was man sieht, liegt nie in dem, was man sagt.“ (Foucault 1966) .

Die 1960er Jahre beinhalten nicht nur die Veröffentlichung von Foucaults „die Ordnung der Dinge“. Sie sind ebenso der Start Schuss für eine Vielzahl von Kooperationen zwischen KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen im Bereich der Computer Animation. Eines der prominentesten Beispiele auf dem Feld, der frühen digitalen Animation ist der amerikanische Künstler John Whitney, der bereits in den 60er und 70er Jahren die festgefahren visuellen Strukturen der Darstellungen auf den Displays in Frage stellte.

In der rasanten und enormen Entwicklung der Medien sieht Norbert Bolz in Kombination mit ihrer Allgegenwart und massenhaften Verbreitung das „Ende der Gutenberg-Galaxis“ (Bolz 1990). In Anknüpfung daran, ist die Bedeutung von Bildern generell aber insbesondere auch für die digitale Kunstvermittlung neu zu denken, um zeitgenössische Formen der Rezeption aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Bilder vermitteln nie nur Abbilder, sondern Sphären, Magie, Kontexte, Informationen und Perspektiven. Meiner Meinung nach kann die digitale Kunstvermittlung den Diskurs zu elektronischen Bildern ergänzen und in neue reflektive Richtungen weisen.

 

Norbert Bolz: Theorie der neuen Medien. München 1990 - Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. 2. Aufl., München 1995

Andrew Darley: Visual Digital Culture. Surface Play and Spectacle in New Media Genres. 2000, S. 11

Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge (1966)
Posted by MB, 20. Jan 2019
Bild Andrew Darley Bernd Weidenmann Bildwissenschaft Computer Animation Computer Games Digital Kunstphilosophie Kunstvermittlung Künstlerische Forschung

Zitat: The Image

This space and time peculiar to the image is none other than the world of magic, a world in which everything is repeated and in which everything participates in a significant context. Such a world is structurally different from that of the linear world of history in which nothing is repeated and in which everything has causes and will have consequences. For example: In the historical world, sunrise is the cause of the cock’s crowing; in the magical one, sunrise signifies crowing and crowing signifies sunrise. The significance of images is magical. “

Villém Flusser, Towards a Philosophy of Photography, The Image, 1983

Posted by zsp, 19. Jan 2019
Magie Bild Bildwissenschaft Male Tschechien Vilém Flusser

Zitat: Reception

“As the function of the text is subordinate to the image, the text directs our understanding of the image towards the program of the newspaper. It thereby does not explain the image, it confirms it. Besides, we are by now sick and tired of explanations and prefer to stick to the photograph that releases us from the necessity for conceptual, explanatory thought and absolves us from the bother of going into the causes and consequences of the war in Lebanon: In the image we see with our own eyes what the war looks like. The text simply consists of instructions as to how we are to see. “

Villém Flusser, Towards a Philosophy of Photography, Reception of Photographs, 1983

Posted by zsp, 19. Jan 2019
Narrativ(e) Bild Bildwissenschaft Digitalisation Germany Male Tschechien Vilém Flusser Visual Culture

Zitat: Am Ende der Gutenberg-Galaxis

„In der beeindruckenden und schillernden Vielfalt der visual culture studies“ kann man dennoch einen dominierenden Tenor ausmachen: Ein Hauptanlass sind die enormen technologischen Entwicklungen der Medien, die globale Verbreitung und Allgegenwart ihrer massenhaft verbreiteten Bilder sowie die neuen, zuvor nie bestandenen Dimensionen auf ein rudimentäres Niveau abgesunken ist und die “Gutenberg Galaxie” ihr Ende gefunden hat.
Norbert Bolz, Theorie der neuen Medien (1990) – Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. 2. Aufl., (1995)

Posted by MB, 19. Jan 2019
Bild Bildwissenschaft Europa Kulturwissenschaft Kunstgeschichte Norbert Bolz

Zitat: Vermittlung durch Bilder

„Zur Vermittlung von Information wird in unserer Kultur bevorzugt der sprachliche Code verwendet.Bilder sind dann von Nutzen, wenn ein Text schwierig wird oder wenn man einen Text optisch attraktiver gestalten möchte. So können Bilder manches besser mitteilen als Sprache und sie können eine ansprechende Bereicherung sein.“

„Die empirische Forschung zum Wissenserwerb mit Text und Bild stützt das Vertrauen in die Lernwirksamkeit von Illustrationen. Viele Studien zeigen, daß sich tatsächlich das Verstehen und Behalten von Text verbessert, wenn man Bilder hinzufügt. LEVIN, ANGLIN & CARNEY (1987) haben z.B. die Befunde von 75 empirischen Studien metaanalytisch ausgewertet.“

Bernd Weidenmann, In: Bild- Bildwahrnehmung-Bildverarbeitung (2001)

Posted by MB, 19. Jan 2019
Bild Bernd Weidenmann Bildwissenschaft Europa Kulturwissenschaft Kunstgeschichte

Zitat: Das visuelle Zeitalter

„Wir leben in einem visuellen Zeitalter, einem Zeitalter der Bilder. Information wird mit Hilfe von Bildern dargestellt, vermittelt, verständlich gemacht. Ihr Stellenwert in der modernen Medienlandschaft kann gar nicht überschätzt werden. Für die pädagogische Forschung erweisen sich Bilder mittlerweile als ebenso bedeutsam wie für die medizinische Diagnostik. Bildgebende Verfahren sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil der technischen Konstruktion wie der wissenschaftlichen
Analyse geworden. Bilder durchdringen also gleichermaßen die moderne Arbeits- und Berufswelt wie die Freizeitwelt Deshalb erschöpft sich ihre Bedeutung nicht in der Faszination, die ihr unmittelbarer, sinnlicher Eindruck gewährt. Bilder können darüber hinaus verwendet werden, um komplexe Sachverhalte zu vereinfachen und zu strukturieren. Besonders diese Eigenschaft läßt es sinnvoll erscheinen, sich mit bildliehen Darstellungsformen – die sich anscheinend fundamental von sprachlicher Darstellung unterscheiden – wissenschaftlich auseinanderzusetzen.“

Klaus Sachs-Hornbach & Klaus Rehkämper, In: Bild- Bildwahrnehmung-Bildverarbeitung (2001)

Posted by MB, 19. Jan 2019
Bild Bildwissenschaft Europa Klaus Rehkämper Klaus Sachs-Hornbach Kulturwissenschaft Kunstgeschichte Kunstphilosophie

Zitat: Interaktion von Mensch und Maschine

„Seit Beginn der 1980er Jahre geschieht die Kommunikation des Benutzers mit der Maschine zunehmend über Bildstrukturen, die sich auf dem Screen als Interaktionsschnittstelle zeigen. Die Erfolgsgeschichte der massenhaften Verbreitung des Computers wurde ausgelöst durch einen Wandel der Interaktion von Text zum Bild.“

Margarete Pratschke, In: Das technische Bild (2008)

Posted by MB, 19. Jan 2019
Bild Bildwissenschaft Computer Animation Europa Kulturwissenschaft Kunstgeschichte Margarete Pratschke

Zitat: Kopie als neues Original

Besonderes Augenmerk möchte ich darauf richten, dass jedoch die Kopien von zeitgenössischen Künstler*innen eben genau keine Replikationen sind, sondern Künstler*innen bringen, abgesichert durch ihren Status als Autor*innen, in ihrer künstlerischen Produktion, in ihrer Transkription, weitere Originale hervor. Wir haben es also mit zwei verschiedenen Bewegungen zu tun, aus denen “Originalität” hervorgeht.

Quelle: Omnia sunt Communia: Das kulturelle Erbe hacken
Original und Kopie im ethnographischen Museum von Sophie Lembcke

In: Archive dekolonialisieren: Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film (Edition Kulturwissenschaft) von Eva Knopf(Herausgeber), Sophie Lembcke (Herausgeber), [transcript] Edition Kulturwissenschaft, 2018,  S. 48

Posted by AS, 19. Jan 2019
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Zitat: Bild und Abbild

„Bilder gehören zwar insgesamt in den Bereich der Anschauungsphänomene, sie zeichnen sich jedoch dadurch vor anderen sichtbaren Gestalten aus, dass in sie eine Negation des Betrachters eingeht. Bilder stellen etwas sichtbar und erkennbar dar, was sie als physische oder mentale Tatsache nicht sind “

Reinhard Brandt, Die Wirklichkeit des Bildes. Sehen und Erkennen. Vom Spiegel zum Kunstbild (1999)

Posted by MB, 18. Jan 2019
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